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Neue BGW-Mindeststandards für Gewaltprävention in Notaufnahmen – Änderungen und Umsetzung in der Gefährdungsbeurteilung

Mitarbeitende in Notaufnahmen sind zunehmend verbaler, körperlicher oder sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Die Ursachen dafür liegen in den besonderen Rahmenbedingungen: Patientinnen und Patienten befinden sich häufig in einer emotionalen Ausnahmesituation, begleitet von Schmerzen, Angst oder Unruhe. Auch Angehörige erleben Stress und Unsicherheit, was das Konfliktpotenzial erhöht. Weitere Faktoren wie lange Wartezeiten, Personalmangel oder der Einfluss von Alkohol, Drogen oder kognitiven Einschränkungen können zusätzlich zur Eskalation beitragen.

Um das Personal besser zu schützen, hat die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) Mindeststandards für die Gewaltprävention in Notaufnahmen definiert. Zehn Punkte sollen helfen, Gefahren zu minimieren, Übergriffe zu verhindern und im Ernstfall eine schnelle Reaktion zu ermöglichen.

Was genau sind die Mindeststandards zur Gewaltprävention?

  1. Zutrittskontrollen: Unbefugte dürfen sich insbesondere nachts nicht unbemerkt Zugang zur Notaufnahme verschaffen. Sichere Türsysteme und Überwachungssysteme sollen dies verhindern.
  2. Empfangs- und Anmeldebereich: Schutz durch bauliche Maßnahmen, z. B. voll umschlossene Tresen mit Sicherheitsglas oder hohen Theken mit Fluchtweg.
  3. Rückzugsräume: Beschäftigte müssen sich bei einer Eskalation schnell und sicher zurückziehen können. Türen sollen sich von außen nicht unbefugt öffnen lassen.
  4. Schulungen: Alle Mitarbeitenden, einschließlich der Auszubildenden, müssen verpflichtend Deeskalationstechniken erlernen. Regelmäßige Auffrischungskurse sind vorgesehen. Die BGW fördert die Qualifizierung innerbetrieblicher Deeskalationstrainerinnen und -trainer.
  5. Notfallplanung: Mitarbeitende müssen über mögliche Eskalationsszenarien, Fluchtwege und Alarmierungssysteme informiert und geschult sein.
  6. Persönliche Schutzmaßnahmen: Kleidung und Haare sollten so getragen werden, dass sie nicht leicht gegriffen oder festgehalten werden können.
  7. Zusammenarbeit mit der Polizei: Die Polizei muss über typische Notfallsituationen in der Einrichtung informiert sein und bei einem Alarm schnell reagieren können. Nehmen Sie anlassunabhängig Kontakt zur nächstgelegenen Polizeidienststelle auf und laden die Beamten ein, um sich mit der Situation in Ihrer Einrichtung vertraut zu machen.
  8. Alarmierungssysteme: Mehrere Notrufmöglichkeiten müssen leicht zugänglich und unauffällig integriert sein, z. B. Notfallknöpfe an Arbeitsplätzen oder tragbare Personen-Notsignal-Anlagen.
  9. Nachsorgekonzept: Übergriffe müssen ernst genommen werden. Eine strukturierte Nachsorge, inklusive Auffanggesprächen und therapeutischer Unterstützung, muss sichergestellt sein.
  10. Dokumentation und Analyse: Alle Übergriffe müssen systematisch erfasst und regelmäßig ausgewertet werden, um Präventionsmaßnahmen zu optimieren. Dokumentieren Sie alle Übergriffe im Verbandbuch.

Wie kann das Thema „Gewalt und Aggression“ in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden?

Die Mindeststandards der BGW können einfach in die Gefährdungsbeurteilung überführt werden. Prüfen Sie die Kriterien unter Einbeziehung Ihrer Fachkraft für Arbeitssicherheit ab und identifizieren Sie so schnell eventuellen Handlungsbedarf.

Sind die Mindeststandards für die Gewaltprävention auf Notaufnahmen beschränkt?

Nein, auch in anderen Einrichtungen und Bereichen ereignen sich zunehmend mehr Gewaltsituationen. Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigung verzeichnen ebenso steigende Fallzahlen, wie Einrichtungen der stationären Altenpflege oder Einrichtungen der Beratung und Betreuung. Sie können die Mindeststandards deshalb gut auch außerhalb der Notaufnahme als hilfreiches Instrument für Ihre Gefährdungsbeurteilung verwenden. Wir unterstützen Sie gerne dabei, Ihre Gefährdungsbeurteilung um das Thema „Gewalt und Aggression“ zu erweitern. Melden Sie sich gerne für eine kostenfreie Erstberatung!

Autorin: Gerda Reshetnykov